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Leseprobe „Ich bin kein Sexist, aber… - Sexismus erlebt, erklärt, und wie wir ihn beenden.“

Der Orlanda Verlag hat Nicole von Horst, Mithu M. Sanyal, Jasna Strick und mir die Chance gegeben, in einem Buch über Sexismus zu schreiben. Heraus gekommen sind vier Kapitel u.a. über #aufschrei, Machtstrukturen, Abwehrmechanismen als Reaktion sowie Alternativen und Lösungsansätze.

Freundlicherweise darf ich euch eine Leseprobe zur Verfügung stellen. Die folgenden Absätze sind aus meinem Kapitel zu Sexismus und Macht: „Kaffeeschubsen und Machtspiele – wo fängt Sexismus an?“ und geben euch einen kleinen Eindruck. Wirklich kleinen Eindruck, denn so unterschiedlich wie die Autorinnen, so unterschiedlich sind auch die Texte. Vor allem die Texte von Nicole, Mithu und Jasna kann ich nur loben - es macht mich gerade stolz, mit Frauen wie ihnen in einem Buch gelandet zu sein.

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Es ist April 2013, in einer Talkshow sitzen verschiedene Menschen zusammen, um über Sexismus zu sprechen. Es vergehen keine fünf Minuten, da stellt eine der Frauen in der Runde klar: Sexismus hängt eng mit Machtstrukturen zusammen! Super, denke ich. Vielleicht wird heute endlich mal substanziell über das Thema gesprochen, über Macht, Kontexte und Strukturen. Als ein Kolumnist eine Stunde später von »amerikanischen Verhältnissen« spricht und erzählt, wie von ihm dort bei einem dritten Date erwartet werde, mit der Frau zu schlafen, sollte sie so wollen, gebe ich die Hoffnung auf. Zu viele ablenkende Kommentare über Flirts, zu viele rhetorische und zumeist unbeantwortete Fragen, was denn noch erlaubt sei.

Doch wo genau kommt dieser Drang her, Sexismus reflexartig mit Flirtversuchen, Erotik und misslungenen Witzen gleichzusetzen? Was genau ist überhaupt Sexismus? Es wird und wurde viel über Sexismus, sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe gesprochen. Eine oftmals wiederkehrende Reaktion ist die Verunsicherung in Bezug darauf, welches Verhalten »noch in Ordnung« ist und welches Verhalten schon als sexistisch gewertet werden kann. Was unterscheidet einen Flirt von Sexismus? Die Grenze verläuft unstetig, ist schmal und unsichtbar. Sie liegt dort, wo sich Menschen nicht mehr auf Augenhöhe, sondern in einem Machtverhältnis begegnen. Die gute Nachricht vorab: Studien belegen immer wieder, dass sowohl Frauen als auch Männer klar erkennen können, wann etwas sexistisch – also objektifizierend, abwertend – und wann etwas ein Kompliment oder ein Flirt ist. Eine Ende der 1990er Jahre durchgeführte Untersuchung zeigte sogar, dass Männer anzügliche Witze, Bemerkungen und pornographische Bilder am Arbeitsplatz eher als Belästigung einstuften als Frauen. Das Bewusstsein darüber, was »noch erlaubt« ist und was die feine Grenze überschreitet, scheint also durchaus vorhanden. Wie kommt es dann aber, dass laut einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) jede zweite Frau schon einmal Sexismus erlebt hat? Wie kommt es zu den vielen Berichten im Rahmen von #aufschrei und alltagssexismus.de, die aus dem Berufsleben erzählen? Dieser Beitrag versucht, hier etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Ein Beispiel: Das Vorstellungsgespräch war bisher gut gelaufen. Die junge Frau brachte hervorragende Zeugnisse mit, Elan, Kompetenz und schien auch gut ins Team zu passen. Sie hatte ein gutes Gefühl, sie wollte diesen Job, und vielleicht war es ihr ja auch gelungen, das auszustrahlen. Das Gespräch näherte sich dem Ende, und der ihr gegenübersitzende Personalverantwortliche musterte sie noch einmal eindringlich. »Ich habe noch eine Frage, die ich speziell Ihnen als junge Frau stellen möchte. Angenommen, Sie sind mit einem Kunden bei einem Geschäftsessen. Er will mehr von Ihnen und lässt nicht locker. Was tun Sie?«

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„Ich bin kein Sexist, aber“ erhaltet ihr in allen gut sortierten Buchhandlungen, über den Orlanda Verlag und natürlich bei Amazon.

 

  • rage

    Danke für die Leseprobe! Lässt sich toll lesen. Bin gespannt auf den Rest…

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