Gedacht

Die Basis ist tot, lang lebe die Basis!

chicken

Quelle Ethermoon

Nach der Niedersachsen Wahl schrieb ich:

Bei den Piraten wird sich jetzt zeigen, ob jemand auf Bundesebene Verantwortung übernimmt und ob sie es schaffen, sich inhaltlich und strukturell neu auszurichten. Wenn das in den nächsten Wochen gelingt, könnte es im September noch klappen. Wenn nicht, dürften sie sich wohl erledigt haben.

Verantwortung hat niemand übernommen - aber sie wurde vielen zugeschoben. Wenige Wochen später ist die Partei mitten in der Selbstzerfleischung. Während einige tapfere Pirat_innen versuchen inhaltlich und strukturell voran zu treiben, spielen die Führungskräfte, die eigentlich genau dabei jetzt so zielgerichtet unterstützen und lenken müssten, kleine Machtspielchen.

Das fängt beim Versenden von Droh-SMS an, geht über selbige Veröffentlichung, bis hin zu den aktuellen Entwicklungen mit Misstrauensvoten per Lime Survey (wtf?) und Gegenanträgen. Dabei offenbart sich das tiefste Problem der Partei: es gibt ein zu kleines Gerüst an Personal, auf das sich die Partei nach außen stützen kann, die Basis ist de facto totgestellt (bestimmt wird die politische Agenda der Piraten seit Monaten durch Vorstöße und Themensetting der „Köpfe“, also des BuVo und der gewählten Abgeordneten), absichernde Hierarchien wie in anderen Parteien, die filtern, sanktionieren, rügen und begrenzen fehlen. Auch das gehört zum Konzept: dort, wo die fehlenden Hierarchien einst inspirieren und kreieren sollten führen sie seit längerem genauso zu Chaos und Destruktion.

Dies ist einerseits systemimmanent, also unvermeidlich, andere Organisationen mit flachsten Strukturen haben aber in der Vergangenheit gezeigt, dass dieser sehr leane Organisationstyp auch praktisch lenkbar ist. Anscheinend fehlt es jedoch dem Führungsteam an Vision, Leitbild und Ziel: persönliche Interessen konkurrieren bei den Piraten immer wieder mit „der Basis“, das Personal ist (inzwischen auch) offen zerstritten und Themensetting kann nicht erfolgen, da die Basis auf Grund von mangelhafter Struktur (siehe bspw. die Konzeption von Parteitagen), Trollen und Egos nicht liefern kann.

Um das Problem zu lösen versucht sich die Partei nun an ihrem Allheilmittel: sie befragt die Basis. Diese wird aber nichts lösen können: um ein strukturelles Problem zu beheben braucht es erst einmal einen Lösungsentwurf. Den kann man nun schmerzhaft, monatelang, jahrelang, durch eine Basis entwickeln (lassen), oder man vertraut (sic!) ihn einem Team an. Dies sollte eigentlich der Bundesvorstand sein. Eigentlich.

Die panische Angst der Piraten vor Führung zeigt gerade jetzt in der Krise, dass sie eine irrationale, schädliche Reaktion ist. Anstatt sich geschlossen aus dem Wirrwarr führen zu lassen läuft ein Teil den Blinden hinterher, während andere wie aufgeregte Hühner nach Ideen picken, ab und zu ein Körnchen finden, aber weiter im Stall verweilen. Der Flausch lässt Federn.

Und nach so viel Huhnanalogien mach ich mir jetzt erstmal ein Spiegelei.