Gedingst

…und dann wird deine Person auf G+ gefickt und du merkst nix

Ich hab vor Wochen mal einen kleinen Rant hier gepostet, in dem es um Facebook als Datenkrake ging. Ich hab viel mit Leuten danach darüber gesprochen, und ich hab schnell gemerkt, dass der Blogpost etwas zu provokant war, nicht eindeutig genug meine trotz allem vorhandene Skepsis gegenüber Datensammlungen zum Ausdruck brachte, und dass er falsch verstanden werden könnte. Dennoch beschloss ich ihn nicht großartig zu ändern, schließlich ist das hier mein kleiner unbekannter Blog, und jegliches Feedback bekam ich im Dialog und konnte so Dinge richtig stellen. Außerdem, so dachte ich, können ja Leute kommentieren und dann kann ich noch immer Stellung beziehen.

Falsch gedacht.

Christoph Kappes hat den Blog auf G+ referenziert. Eigentlich ne schöne Sache, ich hätte gut mitdiskutieren können. Gäbe es da nicht nur folgendes Problem: ich nutze G+ nie. Nie. Ich hab das Profil, als Platzhalter quasi, das wars. Also eher zufällig zeigt mir ein Freund eben den dort ausgelösten Shitstorm. Und ich fasse es gerade einfach nicht. Ja, inhaltlich kann man da viel zu diskutieren. Das war auch ursprünglich ja mal der Sinn der Sache… Diskussionen anstoßen. Diskussionen. Dialoge. Keine Shitstorms. Keine unter die Gürtellinie gehenden Kommentare von Menschen und Trollen, die meinen sie könnten über einige Zeilen auf mich schließen.

Da wird man als pubertär bezeichnet, als Generation Alkopop. Das sind die netteren Kommentare. Gleichzeitig werde ich als Beispiel benutzt, wie es mit dem Bildungsland Deutschland den Bach runter geht (dabei bin ich die Bildungsaufsteigerin schlechthin: 26, Klasse übersprungen, drei Abschlüsse, sieben Jahre Berufserfahrung, promoviere in Bildungssoziologie und das alles ohne jegliche Unterstützung der Familie oder des Staats). Es heißt, wenn ich promoviere, könne das ja eh nichts werden. Es wird sogar auf PISA und Guttenberg referenziert. Wirklich. Im Ernst.

Das alles aus ein paar Zeilen, die ich abends, in zehn Minuten, unreflektiert, genervt, provozierend da hingeknallt hab, denn ja, das hier ist mein persönlicher Blog, keine repräsentative wissenschaftliche soziologisch-technologische Untersuchung; wo, wenn nicht hier darf ich all das schreiben, darf ich auch wirr argumentieren, damit ich durch Feedback meine Gedanken sortieren kann und mir dann mit Hilfe von Kommentaren meine Meinung bilden kann. Darf man aus einem Blogpost auf eine ganze Person, eine ganze Generation schließen? Und, vor allem, darf man das so persönlich werdend machen?

Kann sein, dass die Menschen sich da etwas reingesteigert haben, aber immerhin haben sie das ja mit Echtnamen gemacht, und meine Lieblingskommentare zeige ich euch hier, außerdem verlinke ich dort hin, damit ihr alle wisst, welche sympathischen Menschen meinen, sie müssten einen Shitstorm gegen jemanden anfangen, dem sie nie begegnet sind, von dem sie nichts wissen, und der sich nicht mal wehren kann, weil sie die Plattform wo das alles passiert, nie nutzt.

Und ja verdammt, ich nehme mir das zu Herzen! Ich fühle mich getroffen, bin stinksauer, verletzt, genervt und möchte mich in eine Ecke verkriechen. Melodramatisch, much? Tja. Deal with it.

 

  • beta

    Omg ich hab deinen Post damals auch gelesen und gedacht es ist was wahres dran an dem was Sie da sagt, auch wenn Sie das etwas provokant rüberbringt.
    Aber dass da Leute bei G+ so den Hammer rausholen und über sowas blödes so übertriebene Schlüsse ziehen, das zeugt doch mal wieder davon, dass im Internet viele einfach zu viel Zeit haben o.o
    Würden die nicht mit realnamen Posten, hätte ich das als troll Beiträge aufgefasst lol

  • http://gravatar.com/fidelkarsto Karsten Rieger

    Hi Yasmina,

    ich will mal was klarstellen:

    Wer bewusst provoziert indem er/sie z.B. provokante Texte verfasst, muss mit mit heftigen Reaktionen rechnen.
    Ich wollte dich damit nicht verletzen, sondern meine Verwunderung über den für mich augenscheinlichen Widerspruch aus Bildung und (hier anscheinend, aber eben nicht eindeutig persiflierter) Unwissenheit zum Ausdruck bringen. Fairer Weise hätte ich das vermutlich direkt als Kommentar auf deinem Blog tun sollen - aber es war ja nicht direkt auf dich bezogen, sondern als Antwort auf den Thread von Herrn Kappes, der genau diesen Widerspruch thematisierte.
    Ich hatte das im Thread später auch noch einmal genauer erläutert, da mir aufgefallen war, dass mein Kommentar (genau wie dein Blogpost) missverständlich ist.
    Daher distanziere ich mich hiermit von der Unterstellung jemanden bewusst verletzt haben zu wollen - ich bin kein Troll, und entschuldige mich gleichzeitig für den entstandenen Unmut!

    • http://twitter.com/miinaaa miinaaa

      Danke.

    • http://twitter.com/miinaaa miinaaa

      Ach ja, und heftige Reaktionen hin oder her (wirklich? MUSS ich damit rechnen? Warum?), heftig ist für mich immer noch ungleich persönlich angreifende Kommentare.

      • http://gravatar.com/fidelkarsto Karsten Rieger

        Wertest du meine Äusserung als persönlichen Angriff?
        Ich hatte geschrieben, dass mir diese Begriffe als erstes in den Sinn kommen - erste, unreflektierte Assoziationen, also keine Wertung deiner Person, sondern ein erstes Empfinden nach dem Lesen des Textes vor dem Hintergrund deiner Ausbildung.

        Ich will noch eine kleine Anekdote anschließen, in der Hoffnung auf ein versöhnliches Einvernehmen:
        Um 1990/91 herum, wurde Tom Gerhard bei einem seiner ersten TV-Auftritte explizit mit der Betonung auf seinen Magister in Germanistik angekündigt. Gebannt warteten ein paar Freunde und ich auf ein eloquentes Rhetorik-Feuerwerk - es kam jedoch ein Vorläufer von Hausmeister Krause („voll nomaaahl, ey“). Egal ob man diese Art des Humors nun mag oder nicht, die Ironie aus Vorankündigung und dem was kam, war jedoch sofort ersichtlich. Wir schmunzelten, schalteten aber kurz darauf den Fernseher aufgrund der enttäuschten Erwartung aus.
        Ganz anders verhielt es sich in deinem Fall - da kommt ein Text einer, mir zwar unbekannten, aber vom Zitierenden (Herrn Kappes) als intellektuell anspruchsvolle Person beschrieben, die obendrein noch politisch aktiv ist - das muss ja ein fundamental erhellender Inhalt sein. Und dann liest man den Text und fragt sich: will sie nur provozieren? Ist das ironisch gemeint, man findet jedoch keine Hinweise darauf. Ist das ihre eigene Meinung? Sieht ja fast so aus, als meinte sie das wirklich ernst. Wenn sie das wirklich ernst meinen sollte und dabei noch zur intellektuellen Elite gehören will, dann kommen mir zwei Dinge in den Sinn…
        Ich hoffe du verstehst nun und kannst zumindest in meinem Fall darüber schmunzeln, denn provozieren wolltest du und das hast du ja auch prima geschafft! ;)
        Ist das als Erklärung so in Ordnung für Dich?

        • http://twitter.com/miinaaa miinaaa

          Hihi. Ich wollte das oben bei Chris noch schreiben, es war mir vollkommen klar, dass die Ankündigung daran „Schuld“ war, bzw. auch Christophs Einleitung bzgl würde für viele sprechen. Aber, ich muss dir leider sagen: ich wusste überhaupt nicht, dass Christoph meinen Text posten würde. Auch die Einleitung zu meiner Person hätte ich selbst wohl anders gewählt. Ich selbst will zu keiner intellektuellen Elite gehören. Das sage ich nirgendwo, das interpretiert man sich vielleicht rein. Im Übrigen hätte ein kleiner Blick auf meinen Blog, mein About, oder andere Texte recht schnell gezeigt, was für einen Stil ich so pflege. Und wenn selbst das nicht reicht, kann man immer noch nachfragen, bitten, sich Dinge erklären zu lassen, statt Assoziationen da hin zu knallen. Werte ich die Äußerungen als Angriff? Hm. In dieser Masse schon. Du siehst die Kommentare und merkst sofort, dass die Leute sich nicht mal die Mühe gemacht haben auch nur 5 Sekunden auf meinem Blog zu lesen (sonst hätte man zB meinen Namen auch richtig geschrieben), und dennoch wird sich da ne Meinung gebildet.

          Aber ich finde es - ganz allgemein gesprochen jetzt - interessant, dass durch eine Einleitung wo erwähnt wird, dass ich promoviere und in der SPD bin (von politisch aktiv steht da ja noch nicht mal was), direkt geschlussfolgert wird, dass ich mich selbst als Elite sehe und beanspruche, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Ich überlasse das mal Psychologen zu deuten, warum man auf so etwas kommt.

          Im Übrigen hat Promovieren nichts mit besondereme Intellekt zu tun, sondern zu einem großen Teil einfach nur mit Disziplin und Fleiß (zwei Dinge, die ich btw auch nicht im Übermaß besitze).

      • http://gravatar.com/fidelkarsto Karsten Rieger

        Hi Yasmina,

        leider kann ich auf deinen unten stehenden Kommentar nicht antworten (kein Kommentarbutton), daher tue ich das hier oben - auch wenn dadurch der Fluss leider etwas zerfasert.

        Dass du von der Verlinkung nichts gewusst hast, ist ein gutes Beispiel für den Kontrollverlust, den wir über unsere Daten im Netz erleben. Es ist fast so, als würde ein beliebiger Tagebucheintrag im literarischen Quartett auseinandergenommen und irgendwann erfährt man durch Zufall davon in einer Zeitung und liest dabei die ungefilterten Leserbriefe, die sich über die subjektive Qualität auslassen ohne dabei selbst die Chance zur eigenen Stellungnahme bekommen zu haben.

        Bewusste oder unbewusste Stimmungsmache kann in einem Diskussionsverlauf natürlich zu einem Problem werden, wenn daraus eine Anhäufung von Kommentaren wird, die sich negativ gegen eine Person zu richten scheint. Hier ist jeder Einzelne gefragt, die Rolle und Auswirkung seines Beitrags genau zu überdenken. Schnell kann eine ironisch gemeinte Äusserung oder Assoziation der Grundstein dafür werden, auch wenn diese gar nicht so gemeint war. Dies ist mein Résumé.
        Eigentlich schade, dass ich hier der Einzige aus dem o.g. Thread bin, der dazu Stellung nimmt. Es gab über 70 Kommentare, wovon du 4 herausgepickt hast. Haben die Anderen davon nichts mitbekommen? Ist es ihnen unangenehm?

        Noch etwas zur Elite:
        Natürlich ist eine Promotion in erster Linie eine Frage des Fleisses und der Disziplin, dennoch sehe ich Akademiker ganz allgemein als Teil einer geistigen Elite, da sie gelernt haben ein wichtiges Instrument zu benutzen: ihren Verstand. Mehr ist da gar nicht hinein zu interpretieren. Und natürlich gibt es auch genügend Menschen ohne akademischen Titel, die diesem Anspruch gerecht werden.

        Anyway - Ich wünsche dir ein paar besinnliche Weihnachtsfeiertage und einen guten Rutsch!

      • http://gravatar.com/fidelkarsto Karsten Rieger

        p.s.: vergiss die Bemerkung über den Kommentarbutton - ic sehe gerade, dass die Kommentare automatisch korrekt eingeordnet werden. ;)

  • http://e-sev.de Sev

    Liebe Yasmina,
    lass dich nicht unterkriegen! Ich meine, ich kann nachvollziehen, dass du total gefrustet, genervt und angepisst bist, aber ich finde es halte es für vollkommen falsch, wenn die besagten Herren meinen, aus diesem Blog Post auf dich zu schließen.

    Ich hab einiges hier im Blog gelesen, und finde absolut _nicht_, dass du auch nur annähernd pubertär oder sonst wie schreibst! Im Gegenteil, hab eher ziemlichen Respekt vor dir!

    Also: Trink nen leckeren Kaffee, genieß es und lass dich nicht nerven und unterkriegen!!!
    Ciao,
    Sev (bzw: @schwalbefahrer ;-))

  • http://gravatar.com/tweetdr85 Christian Salzborn

    Hallo Yasmina,

    da ich mich in meiner Promotion kommunikationswissenschaftlich mit dem Phänomen Shitstorm auseinandersetze, hat mich Dein Beitrag sehr interessiert. In meinem persönlichen Archiv (die Fälle von Nestle und Co. kennt ja jeder) ist er bereits abgespeichert, Unverbindlich frage ich an, ob ich Deinen Fall in der Diss schlidern darf; vielleicht sogar Deinen Beitrag aufnehme (natürlich mit Quellenabgabe, *hier muss jetzt ein Guttenbergwitz folgen*). Du bist übrigens nicht allein. Derlei unsachlich, negative Meinungsprozesse finden wohl sehr oft im Netz statt; nur die Größten schaffen es aber in die allgemeine Öffentlichkeit (Rebecca Black hat es sogar aktuell auf Platz 1 der Google-Suchcharts geschafft).

    Grüße
    Chris

    PS: Ich bin übrigens nicht in Facebook, weil es für mich eine unberechenbare „Datenkrake“ darstellt. Reicht wenn Google, Amazon und meine Freundin alles über mich wissen :-)

    • http://twitter.com/miinaaa miinaaa

      Hi Chris,

      na klar kannst du das. Aber schick dann doch mal ne Kopie der Diss rüber, wenn du fertig bist, klingt nämlich sehr interessant!

      Nicht alleine zu sein, macht es ja nicht besser, andererseits juckts mich in den Fingern rauszufinden wo genau der wunde Punkt der Herrschaften war, dass sie sich so angegriffen gefühlt haben. Psychologisch fundiert könnte man jetzt überlegen ob es die einleitende Vorstellung meiner Person war, der Sprachstil oder gar doch die Inhalte?

      Viel Erfolg mit deiner Diss,
      viele Grüße
      Mina

      • http://gravatar.com/tweetdr85 Christian Salzborn

        Danke,

        obwohl ich natürlich nicht die psychologische Ebene ausreizen werde, sondern die Aspekte der Krisen-PR, speziell des Web-Monitorings erfasse, ist die Frage, was Menschen dazu treibt (also intrinsisch) durchaus interessant und für zukünftige Psychologiestudenten 2.0 erforschbar. Meine These: die Anonymität des Netzes verleitet viele, ihre „Meinung“ derlei zu äußern. Würde die von Noelle-Neumann entwickelte und beschriebene Schweigespirale (wir schauen erst, was unser Umfeld denkt, bevor wir uns äußern) gelten, dann würde es im Netz ganz anders aussehen. Ebenso sind es natürlich auch die technischen Möglichkeiten wie der Like-Button, die es ermöglichen, gewisse Meinungen schnell im Netz zu verteilen. Oft scheinen es wirklich Mitläufer zu sein, die einfach klicken ohne nachzufragen - passieren kann IHNEN ja nichts; unabhängig von Person, Sprachstil und Inhalt.

        Erinnere mich in zwei Jahren nochmal an die Zusendung einer Kopie :)
        Dir auch viel Erfolg
        Grüße