Jetzt mal ganz ernsthaft. Wie alt sind eigentlich diese ganzen plötzlich überall auftauchenden Datenschützer die unison im Kanon gegen Facebook jaulen und wehleidig beklagen dass ihre Daten ins ominöse Facebook-Nirvana verschwinden, auf dass sie nie wieder entfernt werden können? Denn so, wie dieser Tage das ganze Thema behandelt wird, könnte man meinen sie seien 13 mit Höllenangst, ihre Eltern könnten heraus finden dass sie auf Facebook gepostet haben dass sie die Schule schwänzen.
Ja, das mag sein: deine Facebook Daten bekommst du nicht gelöscht. Hey, guten Morgen, das ist das Internet. War das nicht die erste Grundregel die wir 1999 im krakeligen Informatikkurs in der Computer-AG der 9. Klasse gelernt haben? Alles, was einmal im Internet stand, wird immer irgendwo stehen bleiben? Niemals geht man so ganz? Nun, warum genau erwartet ihr jetzt bitte, dass eure gelöschten Daten bei Facebook auch weg sind? Und wo ist überhaupt euer Problem? Auf legalem Wege kann niemand anderes eure gelöschten Daten sehen. Dass die irgendwo rumschwirren, gut, das ist vielleicht blöd, und Datenschutzrechtlich ganz sicher ein Unding (das meine ich ernst), aber hat das dramatische Konsequenzen für euer Leben?
Da sind wir nämlich beim nächsten Punkt… oh… böses Facebook… jetzt können korrupte Schurkenstaaten Stasi-Profile mittels Facebook bilden! Und Unternehmen können uns Kontext-bezogene Werbung anbieten! Die wissen alles! Gläserne Menschen! DRAMA!!!!! Ich rolle jetzt schon wieder die Augen. Werdet. Endlich. Erwachsen. Ich weiß ja nicht was ihr so auf Facebook postet, aber wenn sich jemals Mahmud Ahmadinedschad oder Sarah Palin für mein Facebookprofil interessiert werden sie da hauptsächlich Musikvideos, Fotos mit Freunden, gelegentliche Netz- und politische Artikel und ganz ganz ganz viel Unsinn finden. Uhhhh. Was sagt das dann über mich aus? Jo, ich bin in der SPD. Steht da auch. Verweigert mir deswegen jemand die Einreise, gerne. In euer Kackland will ich dann eh nicht. Und sonst? Noch mal. Wovor habt ihr Angst?! So lange man keine extremistischen Menschenverachtenden Angaben macht, hat man doch gar kein Problem. Wir leben nun mal nicht in der DDR von 1973. Wir leben auch nicht in Nazi-Deutschland von 1942. Wir sind hier, 2011, und selbst wenn es ein komplettes Profil über mich gibt, das tatsächlich der Wahrheit nahe KÄME, so vertraue ich doch auf Rechtsstaatlichkeit und Grundprinzipien der Demokratie.
Ob da jetzt dann Sachen stehen, von denen ich nicht möchte, dass meine Eltern, bestimmte Bekannte oder meine Kollegen das lesen, okay. Anderes Thema. Aber bitteschön, hallihallo, da muss man nun mal selbstverantwortlich posten. Klar habe ich mit 22 mehr Unsinn gepostet als heute. Wenn jemand diese Statusmeldungen findet und gegen mich verwenden will… lol… viel Spaß. I dont give a fuck. Das ist mein Leben. Deal with it. Ein bisschen Räson beim Posten, und alles ist im Lack, oder? Sich mal die Privatsspähre Einstellungen zu Gemüte zu führen hat übrigens auch noch niemandem geschadet… Zwinker, Zwinker.
Max Schrems schreibt auf FAZ.net:
Facebook weiß Dinge, die wir nie preisgeben wollten.
Moment, ich bin verwirrt. Weiß es das wirklich? Und woher? Von wem???? Also, komm. Was für ein Schwachsinn, irgendjemand muss diese Daten ja eingeben (und, ja, selbst die Ortungsdienste kann man ausschalten).
Die Macht von Facebook wird dem Einzelnen erst bewusst, wenn sie gebraucht oder gar missbraucht wird. Dann ist es aber üblicherweise zu spät.
Uhhhhhh uhhhhh….. Nochmal. Die Macht ist mit dir, Luke. Du selbst entscheidest was du da eingibst. Facebook ist nicht der ominöse Schatten der dich verfolgt. Du selbst entscheidest was du postest. Also bitte. Wo. Ist. Das. Problem. Aber, okay, warte, vielleicht ja hier:
Verfechter der totalen Transparenz gehen davon aus, dass sich die Gesellschaft daran gewöhnt, von jedem alles zu wissen, und damit auch die Toleranz steigt.
Wenn man dieses Gedankenexperiment auf Informationen wie beispielsweise Krankheiten, Wahlverhalten oder sexuelle Vorlieben anwendet, wird schnell klar, wie gefährlich dies ist. Oder wollen Sie, dass Ihre Innenministerin oder Ihr Innenminister von Ihren sexuellen Vorlieben weiß? Oder vielleicht noch schlimmer: Sie wüssten in dieser Welt dann auch von deren Vorlieben.
Na gut, nevermind. Wer seine sexuellen Vorlieben auf Facebook postet, dem ist nun wirklich nicht mehr zu helfen.